Offensive EU-Naturschutzrichtlinien - NABU

Unter dem Titel "Offensive zur vollständigen Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien" haben die Umweltverbände BBN, NABU, BUND, DNR und WWF im September 2016 einen Forderungskatalog an Länder, Bund und die EU veröffentlicht.
Die Ergebnisse der Mitte 2016 veröffentlichten EU-weiten Evaluierungsstudie zum „Fitness-Check“ der beiden Richtlinien zeigt, dass dieser Rechtsrahmen für den Erhalt und die Wiederherstellungder biologischen Vielfalt von ausschlaggebender Bedeutung ist. Die Studie macht klar: Die EU-Vogelschutz-und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind wirksam, effizient, notwendig und modern. Gleichzeitig zeigt die Evaluation aber auch, wie ungenügend deren Umsetzung und Finanzierung in den Mitgliedstaaten vielerorts noch ist, wodurch Effizienz, Akzeptanz und Wirksamkeit der Richtlinien entscheidend eingeschränkt werden. In dem Papier werden ausführliche detaillierte Forderungen zur besseren Umsetzung der Naturschutzrichtlinien gemacht.
Hinsichtlich der Finanzierung wird für die Ebene der EU eine Neuausrichtungder EU-Naturschutzförderung spätestens ab 2021 gefordert. Der derzeit verfolgte „integrierte Ansatz“, bei dem die Mitgliedstaaten aus verschiedenen EU-Fonds die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen sollen, ist nach Meinung der Autoren als gescheitert anzusehen. Nach Schätzungen der EU-Kommission wurden in der Förderperiode 2007–2013 höchstens 20% der Natura 2000-Kosten mit EU-Mitteln gedeckt.

In der laufenden Förderperiode sei aus Sicht der Verbände keine wesentliche Verbesserung der Situation zu erwarten. Daher müsse der EU-Haushalt künftig Mittel in eigenen, spezifisch auf den Naturschutz ausgerichteten Haushaltstiteln bereitstellen. Die bevorzugte Lösung hierfür ist ein eigenständiger, finanziell angemessen ausgestatteter EU-Fonds, der folgende Merkmale aufweisen sollte:

  • Die Aufgabe des Fonds sollte die finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten, u.a. zur Erfüllung ihrer EU-rechtlichen Verpflichtungen aus den beiden Naturschutzrichtlinien sowie der globalen und EU-Biodiversitätsstrategien sein. Außerdem sollten auch Naturschutzmaßnahmen gefördert werden, die der Umsetzung anderer ökosystemorientierter Richtlinien, Maßnahmen und Programme dienen, zum Beispiel im Bereich von Wasserrahmenrichtlinie, Meeresschutz, ökosystembasierter Anpassung an den Klimawandel und grüner Infrastruktur.
  • Die Ausstattung des Fonds sollte sich primär an den besten verfügbaren Kostenschätzungen von EU und Mitgliedstaaten zur Umsetzung von Natura 2000 und anderer für die o.g. Aufgaben erforderlichen Maßnahmen orientieren sowie an einer durchschnittlichen EU-Förderquote von mindestens 75%; die Verbände gehen dabei zunächst von einer Größenordnung von ca. 12–15 Milliarden EUR jährlich für die gesamt EU aus.
  • Die förderfähigen Maßnahmen sollen insbesondere umfassen: Managementplanung, Erwerb von Grundstücken und Nutzungsrechten, biotopgestaltende Aktivitäten, langfristige Pflege von Lebensraumtypen im Offenland und im Wald, Artenschutz-und Artenhilfsprogramme, Betreuung von Schutzgebieten, Aufbau und Unterhalt von Infrastruktureinrichtungen (wie z.B. Biologische Stationen oder Landschaftspflegeverbände), grüne Infrastruktur außerhalb von Schutzgebieten, Maßnahmen zurPrävention und Eindämmung von invasiven,gebietsfremden Arten, Schutz vor Brandstiftung und illegalen Rodungen u.a.m.
  • Die Organisation des Fonds sollte in Deutschland über operationelle Programme auf Landes- und Bundesebene erfolgen, mit Federführung der Umwelt- und Naturschutzbehörden auf allen Ebenen sowie Einbeziehung aller wichtigen Akteure, u.a. aus Naturschutz- und Landnutzung. Als Grundlage für die Genehmigung der Programme durch die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission muss die Darstellung des prioritären Finanzierungsbedarfs für die Natura2000-Gebiete und andere Instrumente im Rahmen von entsprechender Finanzierungsstrategien gelten.
  • Die Empfänger der Fördermittel sollten alle Akteure sein können, die förderfähigen Maßnahmen durchführen können und wollen. Dies sind in erster Linie Landnutzer (z.B. Landwirte, private Waldbesitzer, Fischereibetriebe), öffentliche Verwaltungen und Naturschutzverbände, aber auch Unternehmen, Kommunen, Stiftungen und andere Dienstleister. Neben einer attraktiven Förderhöhe ist es wichtig, dass Beantragung und Abrechnung der Fondsgelder für Verwaltung und Empfänger bedeutend einfacher werden als dies bei der Nutzung derzeitiger Mittel im integrierten Ansatz der Fall ist. Unabhängig von der Einführung eines EU-Naturschutzfonds muss sichergestellt werden, dass der Finanzierungsbedarf von Natura 2000 schnellstmöglich durch eine Stärkung aller geeigneten Finanzierungsinstrumente gedeckt wird.
Darüber hinaus wird in dem Papier die finanzielle Aufstockung des Bundesprogramms Biologische Vielfalt bis zum Jahr 2020 gefordert und eine Aufstockung der Personalkapazitäten bei den beteiligten Stellen. Außerdem soll über das Bundesprogramm eine Kofinanzierung von LIFE-Projekten ermöglicht werden. Auch wird eine deutliche Stärkung des LIFE-Programms von derzeit etwa 150 Millionen auf 1 Mrd. € Jahr und die Heraufsetzung der Kofinanzierung auf pauschal 75 Prozent sowie eine erhebliche Reduzierung des bürokratischen Aufwands bei Antragsstellung und Durchführung der Projekte gefordert.

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Naturschutzoffensive 2020 - BMUB

Im Oktober 2015 startete die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks die Naturschutz-Offensive 2020. Sie enthält zehn Handlungsfelder und 40 konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der nationalen Strategie biologische Vielfalt (u.a. für landwirtschaftliche Kulturlandschaft, Küsten und Meere, Auenlandschaften, Wälder, Schutzgebiete, Biotopverbund, Wildnis). Im Themenfeld Agrarpolitik sprach sich die Ministerin für eine Neuausrichtung der EU-Agrarsubventionen aus. Diese sollten zukünftig nicht mehr an die Fläche, sondern an die Gemeinwohlleistungen der Landwirte z.B. für den Naturschutz gebunden sein.

Beim Handlungsfeld Finanzierung will sich das BMUB dafür einsetzen, dass mindestens ein Drittel der durch den Wegfall der Agrarsubventionen freiwerdenden EU-Mittel in ein neues Finanzierungsprogramm für Naturschutz und damit zusammenhängende Umweltmaßnahmen fließen. Umfang und Ausgestaltung dieses Finanzierungsprogramms sollen es unter anderem ermöglichen, die Umsetzung der Natura 2000-Richtlinien so zu managen, dass der günstige Erhaltungszustand von Arten und Lebensraumtypen erreicht wird und transeuropäische Netze grüner Infrastruktur aufgebaut werden können. Darüber hinaus sollen aber auch Leistungen in anderen Bereichen des Umwelt- und Naturschutzes, etwa im Gewässerschutz, finanziert werden. Aus dem Programm sollen neben der Landwirtschaft auch andere Akteure (zum Beispiel Forstwirtschaft, Fischerei, Naturschutzorganisationen, Kommunen) für konkrete Leistungen im Umwelt- und Naturschutz honoriert werden. Parallel dazu sollen das  Bundesprogramm Biologische Vielfalt und „chance.natur – Bundesförderung Naturschutz“ fortentwickelt und finanziell gestärkt werden.

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Goldammer Velber w

ELER-Reset - SMUL

Unter dem Stichwort "ELER-Reset" hat das Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) im Juni 2016 ein umfangreiches Papier zur Verwaltungsvereinfachung der gesamten ELER-Förderung veröffentlicht.

Die Utopie eines perfekten Regelwerkes, welches mit Hilfe von Anlastungen und Sanktionen erzwungen wird, sei zum Scheitern verurteilt. Zugleich würden mit zunehmender Regelungsdichte unverhältnismäßig große Ressourcen für Einarbeitung in das und die richtige Auslegung dieses Regelwerkes gebunden. Diese Verfahrensfixierung und das daraus entstandene Klima der Rechtsunsicherheit führten zu Frustration bei Antragstellern und in den Behörden, während die eigentlichen Ziele der erheblichen Finanzhilfen zunehmend in den Hintergrund treten würden. Es sei möglich und sinnvoll, alle erforderlichen Regelungen für die Planung und Umsetzung der zweiten Säule in max. 10 % der derzeit geltenden einschlägigen EU-Normen zu fassen.
Anhand von zahlreichen konkreten Beispielen, plastischen Übersichten und Zitaten aus Prüfberichten zeigt das Papier detailliert die bestehenden Verwaltungsprobleme auf. Kritisiert wird insbesondere das verschachtelte System der Rechtsvorschriften, was sich aus der gleichzeitigen Zuordnung des ELER zu den Europäischen Struktur- und Investitonsfonds (ESI-Fonds) wie zur GAP mit den Direktzahlungen ergibt. Durch weitere Leitlinien und Interpretationen der EU-Kommission würden mehr zusätzliche Rechtsunsicherheiten geschaffen als beseitigt. Bemängelt wird u.a. die Überfrachtung mit strategischen Steuerungsinstrumenten, aus dem Nebeneinander von Förder- und Behilferecht resultierende Rechtsunsicherheiten und ein überbordendes Kontrollsystem mit unverhältnismäßigen Sanktionsregelungen. Verschärfte Fehlerdefinition führten zu immer höheren Fehlerraten.

Das immer komplizierte werdende System führt zu immer stärkeren Verzögerungen im Rechtsetzungsprozesses für eine neue Förderperiode, es verschiebt die Programmplanung und letztlich den Förderbeginn nach hinten. Für die Vorbereitung  der  Förderperiode  2014–2020  musste für  die  Programmerarbeitung und die  sich  anschließende Implementierung der Förderverfahren überwiegend auf sich ständig verändernde Entwürfe  von Verordnungen  und  Leitlinien  zurückgegriffen  werden. Für  das  Management der entstandenen  zeitlichen Förderlücke wurden  zusätzliche Übergangsverordnungen erforderlich.
Für die Förderperiode ab 2020 wird ein Neuanfang verlangt und werden konkrete Vorschläge gemacht. Dazu soll eine stärkere Konzentration auf das Ziel und den Erfolg der Förderung erfolgen. Elemente hierfür sollen die Verbindlichkeit der Programmgenehmigung, die Fokussierung auf wenige Kernziele, eine unterschiedliche Behandlung von investiven und Flächenmaßnahmen sowie die Balance zwischen Kontrollkosten und Fehlerrisiko sein.

Am Ende enthält das Papier auch einen konkreten Entwurf für eine neue ELER-Verordnung mit den vorgeschlagenen Änderungen.

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